Seit 40 Jahren hat FDP-Fraktionsvorsitzender Heinz-Jürgen Manderla den Wahlbezirk 7 inne. „Hier ist viel los“, sagt der 69-Jährige, der 2020 sein Mandat als FDP-Chef abgeben, aber sich nicht ganz aus der Politik zurückziehen möchte.

Manchmal liegen die Themen mit politischem Zündstoff auf der Straße – im ganz wörtlichen Sinne. Wenn FDP-Fraktionsvorsitzender Heinz-Jürgen Manderla durch seinen Wahlbezirk 7 geht, sieht er Straßen mit Oberflächen, die an eine Elefantenhaut erinnern. Falten, Risse und an einigen Stellen klaffen auch Schlaglöcher – eine Haut mit Wunden also.

Die Straßen sollen nach Vorstellung der Stadt fachgerecht ausgebaut werden, die Anlieger über Straßenausbaubeiträge an den Kosten beteiligt werden. Aber die Wermelskirchener Liberalen kämpfen seit geraumer Zeit dafür, dass Land und Kommune diese Baumaßnahmen bezahlen und nicht die Eigentümer. „Wer nur eine kleine Rente hat, kann kaum 10.000 oder 15.000 Euro an Beiträgen aufbringen“, weiß Manderla aus Gesprächen mit Anwohnern. Die FDP Wermelskirchen hat Flyer verteilt, auf dem sie ihre Position klar macht. Das Motiv auf der Vorderseite der Karte ist symbolträchtig: Ein Wecker steht auf einem Asphaltstreifen – wie ein Weckruf für eine Veränderung. Ein Thema für den Kommunalwahlkampf steht somit schon fest.

Der 69-Jährige hat diesen Wahlbezirk mit den zentrumsnahen Wohnsiedlungen Nordstraße, Mannesmann-Straße, Vorm Eickerberg, Wolfhagener Straße und Friedensstaße, der Brache Rhombusgelände und dem Bereich Innenstadt jenseits der B 51 seit 40 Jahren. Das beste Ergebnis holte die FDP 2009/10 unter dem früheren Bürgermeister Erik Weik mit 18 Prozent. Und Manderla wohnt selbst mittendrin. Nach vier Jahrzehnten plant er seinen Abschied im Kommunalwahljahr 2020. Ein kompletter Rückzug aus der Politik soll es aber nicht sein. „Ich gebe den Wahlbezirk schweren Herzens ab, aber es ist Zeit“, sagt er etwas nachdenklich. „Hier im Bezirk ist richtig was los. Allein die Entwicklung der Rhombusfläche ist ein ganz großes Projekt. Hier entsteht der Ersatzparkplatz für den Loches-Platz. Hier ist die Feuerwache mit Modulen erweitert worden.“

Sein designierter Nachfolger ist Marco Frommenkord (38), der wie Jürgen Manderla mit seiner Familie im Wahlbezirk, nur ein paar Häuser weiter, wohnt. Auch den Posten als Fraktionsvorsitzender wolle er abgeben, sein Wunschnachfolger wäre auch sein Nachbar Frommenkord. Doch die Entscheidung wird innerhalb der Fraktion gefällt. Marco Frommenkord sagt über seinen Fraktionskollegen: „Jürgen Manderla ist mein Mentor, er hat jahrelange Erfahrungen im kommunalpolitischen Geschäft.“

Der Blick der beiden Politiker fällt auf dem Rundgang durch die Straßen mit vielen Einfamilienhäuser mit klassischen Satteldächern immer wieder auf den Boden: Die Straßen sind in den 50er Jahren in einfacher Ausführung angelegt worden, sie haben nach heutigen Maßstäben keinen richtigen Aufbau, entsprechend ist ihr Zustand marode. Viele Bürger seien mit einem einfachen Level nicht unzufrieden. „Die Stadt möchte aber den großen Ausbau mit Gehwegen, Parkbuchten und neuer Beleuchtung“, sagt Marco Frommenkord. „Und rechtlich darf sie das auch“, ergänzt Manderla. Er erinnert daran, dass die Stadt den Anteil der Anlieger an den Kosten auf 70 Prozent hochschrauben wollte, der Stadtrat sich auf 60 Prozent einigte. Die FDP-Landtagsfraktion befürworte 50 Prozent, „wir könnten uns maximal 40 Prozent als Zwischenlösung vorstellen, das Ziel muss aber die Freistellung von Anliegerbeiträgen sein“, betont Manderla.

Wenn er von der Straßenseite aus die lange Hecke seines Gartens schneide, werde er immer wieder von Nachbarn angesprochen – auch zum Thema Ausbaubeiträge, die viele fürchten. „Ich brauche dann immer etwas länger, bis ich die Hecke in Form gebracht habe“, erzählt das politische Urgestein mit einem Schmunzeln. Der Kontakt zum Bürger besteht in diesem Bezirk oft aus Gesprächen am Gartenzaun, vor der Haustür. Als die Erhöhung der Anliegerbeiträge auf der Tagesordnung stand, organisierten FDP, Büfo und WNKUWG einen Ortstermin auf der Mannesmannstraße – Politik ganz nah.

Man kenne sich in der Nachbarschaft. „Ende Mai, Anfang Juni gibt es immer das Eickerberger Straßenfest. Das ist eine nette Zusammenkunft unter Nachbarn“, berichtet Frommenkord. Der Altersmix sei in der Siedlung gut, viele Häuslebauer der ersten und zweite Generation haben ihre Immobilie verkauft. Junge Familien sind hinzugezogen.

Manchmal muss das Problem, im Viertel nicht politisch gelöst werden, helfen einfache Mittel. Um Raserei auf der recht breit angelegten Nordstraße einzudämmen, stellte eine Elterninitiative sechs Pflanzkübel auf, die bunt bemalt wurden. Autofahrer müssen seither bremsen.

Von Solveig Pudelski – Bergische Morgenpost vom 16.08.2019

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