Wermelskirchener CDU und FDP begrüßen Kemmerichs Rücktritt. Für die AfD bleibt die Wahl ein Erfolg.

Er ist der erste Kandidat, der mit Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt wurde – und wahrscheinlich der einzige, der sein Amt bereits nach einem Tag niederlegt. Nachdem der FDP-Politiker Thomas Kemmerich am Mittwoch überraschend zum neuen Ministerpräsident von Thüringen gewählt wurde – mutmaßlich auch mit Stimmen von CDU und AfD – kündigte er nach heftiger Kritik am Donnerstagnachmittag seinen Rücktritt an. Die Ereignisse in Thüringen sorgten auch in der Wermelskirchener Politik für Fassungslosigkeit.

Der Ortsverband der FDP begrüßt Kemmerichs Ankündigung zum Rückzug. „Das ist die einzig richtige Konsequenz“, sagt Vorsitzender Patrick Engels. Denn Kemmerichs Amt als Ministerpräsident stehe auf antidemokratischem Fundament. Und er geht noch einen Schritt weiter: „Wir fordern Kemmerich mit allem Nachdruck dazu auf, seine politischen Ämter komplett niederzulegen.“ Marco Frommenkord, stellvertretender Ortsvorsitzender der FDP und Bürgermeisterkandidat, fordert sogar den Parteiaustritt Kemmerichs, wie er in einer Stellungnahme mitteilt. Er betont darin, Kemmerich sei es alleine gewesen, der die Wahl angenommen habe und sich das „Höckerchen zum Amt des Ministerpräsidenten unter die Füße stellen lassen“.

Auch vom Vorsitzenden der Wermelskirchener CDU, Stefan Leßenich, kam scharfe Kritik – sowohl an Thüringens FDP als auch der CDU. „Dass zwei Parteien wie CDU und FDP mit Stimmen der AfD einen Kandidaten der Minderheit zum Ministerpräsident wählen – das hat mich geschockt“, sagte er im Gespräch mit unserer Redaktion. In seinen Augen sei die Unterstützung der AfD ein „taktisches Spiel“ gewesen, von dem sich FDP und CDU hätten blenden lassen. „Das Bild der Demokratie in Deutschland hat enormen Schaden genommen.“ Kemmerichs Ankündigung, zurückzutreten „und damit den Weg für Neuwahlen frei zu machen“, halte er für die einzig richtige und notwendige Konsequenz.

Gelassen zeigte sich die Wermelskirchener AfD. Der Einfluss auf die Thüringer Landespolitik sei nach wie vor ein Erfolg, sagte Sprecher Hans-Joachim Lietzmann. „Entscheidend ist der Wähler – auch bei eventuellen Neuwahlen.“ Seinen Thüringer Parteikollegen rät er, sich entspannt zurückzulehnen und abzuwarten, was passiert. In einem ist er sich sicher: „Weder die AfD Thüringen noch die AfD insgesamt wird einen Schaden nehmen.“

Bei der Mehrheit der Wermelskirchener Politiker sorgte die Thüringen-Wahl jedoch für Bestürzung. SPD-Parteivorsitzende Petra Weber hätten die Geschehnisse „erschreckt“, auch die parteilose Bürgermeisterkandidatin Marion Lück sei geschockt gewesen. „Der völkische AfD-Flügel um Höcke erstarkt, das sollte uns alle zur Sorge und deutlichen Positionierung veranlassen“, sagte sie im Gespräch mit unserer Redaktion.

Von Deborah Hohmann – Bergische Morgenpost vom 06.02.2020

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